Corona – Verweigerung von Entschädigungszahlungen rechtens?

90 Prozent Umsatzeinbruch, eine gähnend leere Gaststube, ein verwaister Festsaal -Betreiber Richard Bodmann steht vor dem Corona-Ruin. Es sind leere, tief traurige, hoffnungslose Augen, in die man blickt, wenn man die Tür zum Traditionswirtshaus „Zur Linde“ aufstößt.

Der 58-jährige Richard Bodmann, gelernter Koch und seit 1992 Betreiber der Wirtschaft, und seine vier Jahre jüngere Ehefrau Claudia, stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. In Schockstarre, wie so oft in harten Corona-Zeiten, in der jeder Schritt ins Ungewisse führt und die Perspektivlosigkeit unermesslich ist. „Das ist mein Leben“, schluchzte die Wirtsgattin, „Ich möchte nicht, dass das kaputtgeht.“

Tatsächlich tobte auf den 4.000 Quadratmetern Restaurantfläche einmal das blühende Leben – Vereinsfeste und Feuerwehrball inklusive. Im Minutentakt wurden mit dem Lockdown alle Veranstaltungen abgesagt. Den Bodmanns blieb nur Verzweiflung. „Von jetzt auf gleich waren alle Ersparnisse weg und das Konto ist ins Minus gegangen“, klagten sie.

Ironie ihrer Misere: Im ganzen Bezirk gibt es seit vier Monaten keinen einzigen Corona-Fall. Lediglich im März gab es einen Verdachtsfall, der sofort isoliert werden konnte und sich im Nachhinein als negativ herausstellte.

Doppelte Ironie des Schicksals: Weil ihr Betrieb genau einen Mitarbeiter mehr beschäftigt, als die Förderrichtlinien für Kleinbetriebe vorsehen, wurde auch der Antrag auf Corona-Hilfe abgelehnt. Nun sind alle Beschäftigte in Kurzarbeit, und der Frust ist groß.

Das sind die Schicksale die die Regierung mit Ihren undifferenzierten Lock-Down Verordnungen und der Aushebelung des Epidemie Gesetzes, das für die Schließung von Betrieben Entschädigungen vorsah, verursacht. Das sind die Fälle, die man sich vor Augen halten sollte, wenn man das Urteil des Verfassungsgerichtshofs liest, der die Versagung von Entschädigungszahlungen, mit der Begründung, dass es ohnedies ein umfassendes Konjunkturpaket beschlossen wurde, für zulässig hält.

Wenn man solche Geschichten liest, bekommt die abstrakte Grundrechtsdiskussion vielleicht einen anderen Spin. Es ist nicht der Corona-Virus der die Existenz dieser braven Leute vernichtet hat. Es sind die undifferenzierten Maßnahmen der Regierung und ihre Weigerung Entschädigungszahlungen zu leisten, die dafür die Schuld tragen.

Jene die die Vorgehensweise unserer Regierung damit verteidigen, dass alles schnell gehen musste und eine differenziertere Vorgehensweise aufwendig gewesen wäre, sollen sich fragen ob der Versuch solche Schicksale zu vermeiden, nicht mehr Anstrengungen gerechtfertigt hätte.

Und jene die den Verfassungsgerichtshof verteidigen sollten sich die Frage stellen ob die Grundrechte nicht gerade für den Schutz des Individuums da sind und eine Rechtfertigung über Konjunkturpakete die zwar der Allgemeinheit zu Gute kommen, dem Betroffenen aber nicht helfen, am Sinn und eigentlichen Schutzzweck der Grundrechte nicht vorbei gehen.

Was ist ein Menschenleben wert?

218.000 EUR hält der OGH für ein Opfer mit Schädel-Hirn-Trauma, Lähmung an beiden Armen und Beinen, bewusst erlebtem ständigen Pflegebedarf, maschineller Beatmung und dauernder Todesangst, für angemessen (2 Ob 237/01v).

170.000 Euro bekam eine Frau, die von einem Traktoranhänger überrollt worden war und einen ausgedehnten Weichteilverlust, Gefühllosigkeit im Unterleib, dauerhafte starke Schmerzen, Depressionen und posttraumatische Belastung erlitt. Allein in den ersten zwei Monaten nach dem Unfall musste sie sich 22 Operationen unterziehen (2 Ob 83/14s).

160.000 Euro betrug das Schmerzensgeld für eine Frau, die 1999 bei einem Unfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte. Sie war infolge des Unfalls pflegebedürftig, musste einen Rollstuhl benützen und war inkontinent (2 Ob 180/04s).

130.000 Euro sprach der OGH einer Frau zu, die bei einem Unfall im Jahr 2011 von einem Fahrzeug mitgeschleift wurde. Sie erlitt ein lebensbedrohliches Polytrauma mit zahlreichen Brüchen und Prellungen, die zu einer 90-prozentigen Invalidität führten. Die Frau leidet seit dem Unfall unter Todesangst und weiß, dass sie eine verkürzte Lebensdauer hat (2 Ob 175/14w).

Wenn ich so etwas lese fehlen mir einfach nur die Worte.

Kein Betrag der Welt kann das massive Unrecht, das diese Menschen erlitten haben ausgleichen. Trotzdem bin ich kein Fürsprecher von Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe, wie es das US-amerikanische Recht teilweise vorsieht. Die angeführten Beträge sind aber eine Verhöhnung der Opfer und eine Beleidigung der Menschenwürde.

Es wäre dringend an der Zeit dem Richterstand, der in dieser Frage offensichtlich total versagt, per Gesetz eine Anleitung zur angemessenen Schadenersatzbemessung an die Hand zu geben.